Bauch raus!

Ich habe etwas für mich entdeckt, das so einfach wie erschreckend ist: Ich liebe es, meinen Bauch in der Öffentlichkeit rauszustrecken.

Einfach, weil es schlicht bedeutet, meinen Körper sein zu lassen.
Erschreckend, weil es schlicht bedeutet, meinen Körper sein zu lassen.

Die Tatsache, dass ich merke, dass ich ihn rausstrecke, bedeutet im Umkehrschluss, dass ich meinen Bauch normalerweise tendenziell eingezogen durch die Welt trage. Das mache ich mittlerweile (ich nehme an seit der Pubertät? Also an dem Punkt, an dem mein Körper nicht mehr nur funktionell, sondern auch ansehnlich (?), schön (?), begehrenswert (?) sein musste) anscheinend unbewusst, denn die Lust am Bauchrausstrecken in der Öffentlichkeit ist mir wirklich erst vor ein paar Wochen aufgefallen. Und nur was noch nicht herausgestreckt ist, kann herausgestreckt werden.

Folgt ihr mir bis hierher?

Jedenfalls empfinde ich eine große Freude daran, meinem Unterbauch den Raum zu geben, der ihm zusteht. Dieser ändert sich täglich, meist an meinen Zyklus angepasst. Der Raum, der beim Hinausstrecken dann in mir entsteht, hat etwas so Befriedigendes. Als gäbe es diesen Platz vorher nicht und dann eben schon. Als könnte ich einen Ort in mir kreieren. Dieser Leerraum fühlt sich erfüllt an, erfüllend und in mir breitet sich eine tiefe Ruhe aus.

Und auch, wenn all das eine sehr private Sache ist, so ist sie doch höchst politisch. Wie? Weil ein hinausgestreckter Bauch mehr ist als ein herausgestreckter Bauch. Er ist der Bruch mit Erwartungen an „Schönheit“, an „Dünnsein“, an „Bikinifigur“ und „Summerbody“. Er ist Hinterfragen von „Versteckenswertem“, „Falschem“ und „Normen“. Er ist Raumeinnehmen und Loslassen und Annehmen.

Klingt drastisch?

Wenn ich meinen Bauch also rausstrecke (und ich ermutige dich, das auch hin und wieder zu tun!), dann setze ich damit ein kleines und wichtiges Zeichen – hin zu mehr Raum, den ich einnehme und weg vom Kleinmachen, das ich mir sowieso schleunigst abgewöhnen möchte. Und sollte.


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