Bühnenpräsenz

Mein Herz pocht, ich höre meinen Namen und weiß schon, dass ich jetzt an der Reihe bin. Zitternd nehme ich meine Zettel aus dem Rucksack und gehe die paar Schritte nach vorne zur Bühne. Kurz vor solchen Momenten bin ich nervös und aufgeregt, doch das hat mich bis jetzt noch nie zurückgehalten.

Ich stelle mich zum Mikrofon und beginne zu sprechen. Die Aufregung legt sich, ich atme durch und bin da. Voll und ganz. Kann den Moment genießen, ab dem ersten Wort, das ich spreche. Ich stelle mich vor, wer ich bin und was ich mache – und in den nächsten 15 Minuten machen werde.

Beim Vortragen meiner Texte bin ich ganz da, ganz wach. Lasse mir die Worte auf der Zunge zergehen, bevor sie mich verlassen. Denke in meinem Text und blicke in aufmerksam zuhörende Gesichter. Ruhe in mir, während ich laut spreche.

Ich fühle mich sicher und stark, ein wirklich schönes Gefühl. In diesem Moment gehört der Raum mir. Diese Zeit ist für meine Worte reserviert, für meine Gedanken, für meine Stimme, für meine Präsenz. Diese Zeit koste ich voll aus. Erzähle von mir, erzähle von meinen Texten, erzähle von meinem Buch.

Ich mag es, da vorne zu stehen. Ich mag es, wenn mir zugehört wird und finde es schön, durch meine Worte etwas in anderen auslösen zu können.

Doch ich muss sagen: In diesen Momenten, in denen ich öffentlich etwas von mir preisgebe, geht es mir nur bedingt um die anderen. Ich bin nicht angewiesen auf die Rückmeldung, obwohl ich sie sehr schön finde. Ich brauche den langen Applaus nicht, obwohl ich die Zustimmung schätze.

Was sich von außen ziemlich arrogant anhören muss, ist ein Selbstfreundschaftsmechanismus. Ich bin so überzeugt von dem, was ich da mache. Ich mag das, was ich vortrage. Ich bin selbst berührt davon und weiß, dass es manchen auch so gehen wird. Und manchen nicht. Ich genieße den Moment sehr und löse ihn von der Bewertung anderer. Das ist es wohl.

So stehe ich also auf dieser Bühne, lese meine Texte vor und freue mich darüber. Über diese Gelegenheit, über diesen Moment und über diese mir innewohnende Sicherheit, dass es egal ist, was passiert. Denn mir kann nichts passieren in diesem Moment, auch da bin ich mir sicher.

Ich verabschiede mich, gehe von der Bühne und bin – wie all die Minuten zuvor – ganz bei mir. Ein großes Geschenk, dass ich das so sehen kann, das weiß ich. Ein großes Geschenk, das ich mir öfter zunutze machen möchte, nutzen möchte. Auf den Bühnen, die das Leben so bereithalten wird für mich.

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