Gesprächsstockwerke

Wie ein Haus, ja ein Hochhaus, bauen sich manche Gespräche auf. Stellen wir uns ein Hochhaus vor, so hat es verschiedene Stockwerke. Es hat Fenster, es hat mindestens eine Tür und es hat manchmal sogar einen Keller und ein Dach, das hat es auch.

Stelle ich mir das erste Gesprächsstockwerk vor, so ist dieses einfach zu erreichen, womöglich über die Eingangstür. Es liegt direkt vor mir. Ich muss keine Stufen hinauf- oder hinabsteigen und stehe gleich im Erdgeschoss, mitten im Gespräch.

Solche Gespräche sind einladend, haben keine Schwierigkeiten, sich zu zeigen und offenbaren oft praktische Details. Sie können beispielsweise Wetterlagen, also direkt und indirekt Sichtbares, sein. Sie können Informationen oder Auskünfte enthalten. Sie gehen schnell, sie gehen vielen leicht von der Hand oder in diesem Falle meist eher vom Mund.

Bleiben wir in diesem Stockwerk, kann es mitunter langweilig werden. Wir beginnen, bei den Nachbarn unter die Fußmatten zu schauen. Weil wir die immergleichen Türen, die immergleichen Fenster, die immergleichen Immergleichen sehen, drehen sich die Geschichten oft um sie. Anstatt um uns selbst.

Dann können wir aber ein paar Stüflein nach unten steigen. Hier im Keller gibt es vielleicht Vorräte, vielleicht Abgestelltes, selten Verwendetes. Unten ist es auch dunkel und manchmal modrig.

Den Keller betreten wir, wenn wir mutig sind. Oder etwas dringend brauchen. Das können Geschichten sein aus unserem Leben. Das können Erinnerungen sein, die wir teilen wollen. Das könnten aber auch Ängste sein, Unerfülltes, Verletztes? Vielleicht ist der Keller nicht für jeden Tag, nicht für jede*n Gesprächspartner*in? Doch spannende Geschichten verstecken sich hier.

Dann lasst uns doch in den Lift steigen und nach oben fahren. 3 – 4 – 5 – 6 – 7 – der Grund entfernt sich immer mehr. Hier oben gibt es weitere Aussichten, mehr Platz zum Träumen. Hier oben, in den höherliegenden Gesprächsstockwerken entfalten sich die Ideen. Hier tummeln sich die Wünsche, hier verlassen Visionen mit Flügeln die offenstehenden Fenster.

In diesem Stockwerk geht es um etwas, das wir nicht mehr greifen können. Das viel mit unserem Keller und unserem Erdgeschoss zu tun hat. Das aber noch weitergeht.

Manche Gespräche fühlen sich an, als wären wir im Erdgeschoss gefangen. Manche, als hätten sie keinen Boden und grüben dem Keller noch weitere Stockwerke und manche, die sind so luftig, dass es lustig wird.

Ich mag es gerne, ins Erdgeschoss einzutreten, mich im Keller umzusehen und gemeinsam auch nach oben zu fahren, um die Aussicht zu genießen.

Und so stell ich mir Gespräche manchmal vor. Wie Häuser, in die ich eintreten darf. Ob ich es in den Keller schaffe? Ob wir gemeinsam nach oben denken? Oder es uns einfachshalber im Erdgeschoss gemütlich machen?

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