Meine Männer

Ich wache vom Rascheln des Backpapiers auf. Es ist Samstagmorgen, ein ganz normaler. Kein Geburts- oder Jahrestag, kein Valentin und auch sonst kein Heiliger in Sichtweite.

Als ich die Küchentür öffne, sind die Croissants schon im Ofen und mein Mann steht im Wohnzimmer, um dort die trockene Wäsche abzuhängen.

Dieses Bild ist kein besonderes für mich. Und trotzdem erinnert es mich an die Besonderheit davon.

Ich habe viele weibliche Vorbilder. Diese haben mich immer schon begleitet und mit ihnen habe ich mich immer schon identifizieren können. Doch dieses Bild, heute am Morgen in unserer Wohnung, erinnert mich an die vielen Männer, die ich in meinem Leben habe. Männer, die zwar im patriarchalen System sozialisiert wurden und natürlich auch mit dessen Anforderungen zu kämpfen haben. Doch diese Männer sind mehr als ihre Männlichkeit (was auch immer das sein mag). Und ich schätze mich sehr glücklich, sie tiefer als ihre Rolle(nerwartung) kennen zu dürfen.

Wenn ich mit meinem Papa Nachrichten austausche, bekomme ich viele Herzchen-Emojis, Bussis und „wie schön, dass du meine Tochter bist-Nachrichten“ gesendet. Wenn wir uns sehen, umarmen wir uns fest und wissen beide, dass unsere Verbindung keine Selbstverständlichkeit ist.

Mit meinen Brüdern spreche ich über Ängste und Zweifel, darüber, wie wunderbar Kinder sind und auch darüber, wie Rollenbilder unser Leben beeinflussen. Wir weinen, wenns zum Weinen ist und halten uns, wenn wir einander brauchen.

Verbringe ich Zeit mit meinem Neffen, nehme ich wahr, dass er so achtsam und liebevoll mit uns umgeht. Dass ihm Kleinigkeiten auffallen und er die Zeit, die wir gemeinsam verbringen, sehr wertschätzt.

Ich habe Männer in meinem Leben, die sich umarmen, auf die Wangen küssen, die sich gegenseitig für Dinge loben und ihre Bewunderung kundtun. Ich habe Männer in meinem Leben, die zu Nicht-Anlässen Kuchen oder Kekse backen. Männer, die ihren Wert nicht über ihren Job, ihr Gehalt, ihr Auto oder das Niedermachen von anderen definieren. Männer, die die Zeit mit ihren kleinen Nichten als das Kostbarste verbuchen und augenstrahlend darüber erzählen. Männer, die aus sehr traditionellen Familien kommen und einengende Traditionen hinterfragen, sich davon loslösen und ihre eigenen Wege gehen.

Auch, wenn unser Geschlecht keinen Einfluss auf unsere Liebesfähigkeit, unsere Zuneigung, unsere Möglichkeiten im Leben haben soll, so tut es das doch immer noch.

Und umso schöner ist es für mich zu sehen, dass – neben Rollenerfüllungen, Versorgergedanken und traditioneller Männlichkeit – Raum ist für Nähe, für Fehler, für Milde. Für ein freies Leben, weg von gefährlichen Stereotypen, hin zu ehrlichen Begegnungen.

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