Über die Norm denk ich grad viel nach. Über Normen in all den verschiedenen Farben und Formen. Und was sich da so schön reimt, ist oft gar nicht wie ein Gedicht.
Wir glauben oft zu meinen, dass wir wissen, wie sich etwas gehört. Wie es normal ist. Wie es alle machen und erleben. Und vergessen dabei eine wichtige Sache: Dass wir alle unterschiedlich sind, nämlich.
Dass wir unterschiedliche Körper haben, unterschiedliche Gedanken, unterschiedliche Geschichten, unterschiedliche Hintergründe, unterschiedliche Vorstellungen, unterschiedliche Motive, unterschiedliche Sichtweisen und unterschiedliche Wahrnehmungen.
Dann von einer Norm, einem Normal, zu sprechen, ist ganz schön anmaßend. Es ist sogar gefährlich, kann täuschen und enttäuschen, kann auf falsche Fährten führen und kann vor allem eines: etwas als die einzig mögliche Möglichkeit suggerieren.
Dass sich das nicht ausgeht, ist irgendwie klar. Dass es da mehr geben muss, sollte auch klar sein. Ist es aber nicht. In Gesprächen komme ich immer wieder drauf, wie oft wir den Begriff „normal“ in unterschiedlichsten Kontexten immer noch verwenden. Vielleicht gibt uns das Sicherheit. Vielleicht ist es auch einfacher, an eine Welt zu glauben, ja regelrecht daran festzuhalten, die scheinbar normale Menschen (Ansichten, Sichtweisen, Geschichten, Erfahrungen etc.) bereithält.
Was ich jedenfalls immer wieder feststelle, ist, dass das Enttäuschen – also die Täuschung wegnehmen, ent – täuschen – groß ist, wenn wir draufkommen, dass es ja ganz „normal“ ist, dass etwas „nicht normal“ gelaufen ist.
Dass es wichtig ist, sich auf etwas zu verlassen, verstehe ich. Dass diese Normen und Normalitäten uns etwas zum Festhalten geben, das ist auch verständlich. Doch je fester wir uns daran festkrallen, desto unsicherer wird es. Desto kleinkarierter, desto menschenfeindlicher, desto engsichtiger wird die ganze Sache auch. Es gibt Normen, die falsche Hoffnungen schüren, uns im Stich lassen, wenn wir uns mit genügend Menschen austauschen und die einfach nicht gut sind für uns. Das trau ich mir wirklich so zu sagen.
Ich frage mich, ob es nicht an der Zeit wäre, diesen Begriff aufzubrechen, niederzubrechen und uns mit dem auseinanderzusetzen, das ist, statt mit dem, das sein sollte.
Das ist ja nicht normal. Stimmt. Vielleicht ganz gut so.
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