Wir gehen durch die weihnachtlich geschmückten Räume eines Einkaufscenters und erfreuen uns an Porzellantässchen, Glitzerserviettchen und Kunstblümelein. In dem Moment, als ich vom Plastikgeruch dieser unechten Schönheiten etwas widerwillig zurückschrecke, sehe ich meinen (argentinischen) Mann mit Glitzern in den Augen: Es riecht nach Weihnachten!
Während ich nicht verstehe, wo doch Tannenzweige und Weihrauch weit entfernt sind, erzählt er mir vom Plastikbäumchen und der Kiste, die sie jeden Sommer – zu Weihnachten eben – aufmachten und mit deren Inhalt sie das Haus schmückten.
Uh. Uh. Uh. Jetzt kommt es mir. Das, was ich unter anderem mit Weihnachten verbinde – kalt, gemütlich, Tannenzweigegeruch und Lebkuchen – ist noch lange nicht das, was er damit verbindet. Für mich ist es so normal, wie nur irgendwie möglich. Und so ist es auch für ihn.
Normal. In der Norm. Das, was wir kennen und als gut und „weils eben so ist“ abstempeln, das ist normal. Und da gibts dann auch nicht viel anderes, weil in so einer Norm, da hat nicht so viel Platz.
Normal ist, dass Weihnachten nach Tannenzweigen riecht. Normal ist, dass es dann auch kalt ist. Normal ist, das zu tun, was sich gehört. Normal ist, lieber ruhig zu sein, als zu laut. Normal ist, angepasst und brav zu sein. Normal ist, Fleisch zu essen. Normal ist, nur die männliche Form zu nennen und normal ist auch, sich als Frau damit immer angesprochen zu fühlen. Normal ist, einfach zu tun und nicht so viel nachzufragen. Normal ist, das zu tun, was die meisten tun. Weils die meisten schon wissen werden, sonst wärs ja nicht so.
Normal. Ein weites, aber scheinbar nicht sehr breites Feld. Normal. Dass ich da oft nicht mitmache, ist nicht so normal. Dass mir Dinge auffallen, dass ich Dinge anspreche und Dinge hinterfrage, ist nicht so normal.
Norm. Normal. Hat wohl viel mit dem zu tun, wo (und bei wem und mit wem) ich mich gerade befinde. Normal.
Mal ganz spannend, darüber nachzudenken, was denn in unserer aller Leben „normal“ ist. Vielleicht ists nämlich an der Zeit, diese Norm breit genug für uns alle zu machen…
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